Das Handtuch
Hallo, hier spricht eines deiner unzähligen Handtücher … halt, halt, lieber Benutzer bekomme keine Angst, ich möchte dir nur einmal schildern wie es meinen Mitregalisten und mir so ergeht. Da liege ich jetzt griffbereit oben auf dem Stapel, fein säuberlich gefaltet und frisch im Regal. Dann kommt mein Benutzer, holt mich aus dem Regal und dann beginnt das Rätselraten: „Wofür werde ich gebraucht?“ Ist es A, zum abtrocknen der Hände, oder B zum abwischen des Mundes nach dem Zähneputzen, oder C zum Haare rubbeln nachdem diese gewaschen wurden, oder ist es D zum frottieren des Körpers nach der Duscherei. – Oh nein, es ist D! Dies bedeutet dass ich je nach Benutzer auch Stellen trocken soll, bei denen ich davon laufen würde, hätte mein Erfinder für mich Beine und Füße geschaffen. Ist diese Tortur überstanden, lande ich achtlos im Wäscheeimer, bei zahllosen anderen Wäschestücken, welche mein trauriges Los teilen. Nun gammeln wir, weisse Wäsche genannt, 2 oder 3 Tage rum bis ein Mensch kommt, der uns rüpelhaft in eine Tasche stopft. Ich, dein Handtuch, und die andere Wäsche werden dann an einen unheimlichen Ort transportiert, um von der Tasche in die Waschmaschine gefüllt zu werden. Dort drinnen in der Dunkelheit werde ich, dein Handtuch, samt meinen anderen Wäschegenossen, in heissem Seifenwasser gekocht und geschleudert bis uns schlecht ist. So nach rund 1 1/2 Stunden werden wir im Wäschekorb empor zum Dachboden getragen, wo wir dann mit Klammern auf die Leine gehängt werden. Ob im Sommer bei Hitze oder im Winter bei Kälte, dort müssen wir hängen bleiben bis wir trocken sind. Wenn das der Fall ist, werden wir wieder abgehängt und danach geht ’s uns an den Kragen mit dem heissen Eisen – wir werden gebügelt – aua, aua – Leute ehrlich das tut weh. Wenn das dann vorbei ist, Wird die Wäsche voneinander getrennt. Tschüß Slips und Boxershorts, Bye bye Unterhemd und T-Shirt, Ciao ihr Socken und bis bald ihr Küchenhandtücher. Ihr Menschen gebt uns Wäschestücken nicht einmal die Chance Freundschaften zu schließen! Schnief! Dabei habe ich so ein nettes Paar Socken kennen gelernt. Die anderen Frottehandtücher und ich wandern dann wieder ins Badezimmer, um im Regal auf den nächsten Einsatz zu warten.
Bitte Mensch, da ich ohnehin schon sehr intimen Kontakt mit dir habe und deinen Körper verwöhne, ehre mich!“
Hochachtungsvoll, dein Handtuch
© Nicole Maier