Der Pferdeversteher
Der Tag des Pferdepflegers Henry fängt täglich sehr früh an und anfangs glaubte er wahnsinnig zu sein, zwischenzeitlich weiß Henry das er eine besondere Gabe hat. Er versteht die Pferde und spricht mit ihnen!!! An seinem ersten Tag hatte Henry es völlig ignoriert, wenn seine Kumpels aus dem Stall den Kopf zu ihm neigten und sich menschlich verhielten. An seinem zweiten Tag vermutete Henry es läge an der Müdigkeit und dem Muskelkater, dass er Halluzinationen hat. Erst am dritten Tag bekam er bewusst mit, was in den einzelnen Boxen abgeht.
„Guten Morgen, mein alter Kurt!“ Begrüsste fröhlich Henry das alte Tier, das eben den Schweif hob und Henry befahl: „Los heb den Eimer drunter, dann brauchst du nicht alles ausmisten!“ Henry tat wie ihm geheißen, doch als er so den Eimer unter den Pferdehintern hob, überlegte Henry laut: „Kurt ich glaube ich hab den Pferdekoller, jetzt hab ich tatsächlich gemeint, du würdest mit mir reden. Ha, ha, ha.“ Kurt lies den Schweif sinken, er war mit seinem großen Geschäft fertig. „Danke.“ Sagte der alte Kurt und dann schaute er ernst Henry an: „Und ja, wir sprechen mit dir und du Esel hast noch nicht einmal gemerkt, dass du Pferdisch verstehst.“ Henry wäre vor Schreck beinahe der Eimer mit Pferdeäpfeln, aus den Händen über seine Schuhe gefallen. „Okay, ich spreche Pferdisch,“ bestätigte Henry, während er rückwärts aus Kurts Box stolperte. Kingston streckte schon munter seinen Kopf aus seiner Box und stupste Henry im Rücken an: „Hey du, Neuer, bitte lass mich raus sonst platze ich! Das Futter drückt ganz schön. Bitte, bitte, bitte!!!“ Als Kingston so flehentlich darum bat auf die Koppel zu dürfen, stieß er Henry mit seinen Nüstern so lange gegen den Rücken, bis der Pferdepfleger nachgab. „Juchhe“, rief Kingston, als er an Henry vorbei stürmte, „du bist echt cool!“ Weiter ging’s mit Resi, die nach ihrer Krankheit gerne mal die Diva mimte. Sie lag seitlich in ihrer Box und begrüsste Henry mit folgenden Worten: „Hi, mein Süßer, lass mich noch ’ne Runde dösen, ja. Aber bitte nimm den Dreck aus meiner Toilettenecke mit!“ Henry erledigte was my Lady von ihm forderte, eben als er aus ihrer Box gehen wollte, meinte sie mit kokettem Augenaufschlag: „Bis später, Boy! Wenn du nachher kommst, darfst du mich gerne ein bisschen verwöhnen – ich hab’s gerne zwischen den Ohren. Ciao Bello!!!“ Fin, ein Rappe, träumte laut: „Ich bin der Champignon – nicht wahr! Ha, ihr habt gegen mich keine Chance.“ Vorsichtig öffnete Henry die Box, neugierig geworden was seine Pferde so träumen, wollte er Fin nicht wecken. „Ach, meine holde Firefly, das Turnier hab ich einzig wegen dir gewonnen!“ Henry kniete sich neben Fin ins Heu und tätschelte dessen Hals. Fins Lider flatterten und dann blickte er Henry in die Augen, um enttäuscht fest zu stellen: „Guten Morgen, du bist aber nicht meine Herzdame.“ „Nein die bin ich nicht“, erklärte Henry, während er seinem Schützling über die Stirn strich, „aber du kannst sie gleich auf der Koppel sehen und ihr dort imponieren, Casanova! Komm auf und raus mit dir!“ Einige Boxen weiter, wollte sich eine Stute unsichtbar machen – Mata Hari. ,,Er sieht mich nicht.“ Raunte sie sich selber zu und wich immer mehr in eine dunkle Ecke. Dabei war Henry bereits in ihrer Box. Mata Hari drehte ihren Kopf zur Seite: „Er sieht mich nicht.“ Henry schmunzelte über diese Eigenart und sagte gerade aus Trotz: „Hab einen herrlichen Tag, Mata Hari und doch ich sehe dich die ganze Zeit.“ „Ach, hau bloß ab und lass mich in Ruhe! Nicht einmal einen Spiegel zur Morgentoilette besitze ich, wie soll ich wissen ob meine Mähne sitzt oder ob ich von dem Futter Fellekzeme bekomme und wie ein gerupftes Pferd aussehe.“ Maulte Mata Hari ihren Pfleger an, welcher ihr höflich entgegnete: „Olala Madame, bist du hysterisch!“ Nun ging die Stute direkt auf Henry zu: „Hysterisch – ich? Pah! Aber bekommst du nicht mit wie Fin von Firefly schwärmt, dabei bin ich einst die schönste Stute gewesen!“ Wie zur Bestätigung ihrer Worte, stellte sie lautstark ihre Vorderhufe nebeneinander und reckte elegant ihren schlanken Hals in die Höhe. Henry verließ kopfschüttelnd ihre Box, als ihm gut gelaunt, aber dreckverschmiert Kingston entgegen trabte: „Hey, Neuer, nett von dir das du mich raus gelassen hast. Nachdem ich mein Geschäft erledigt hatte, bin ich noch einige Runden gejoggt und hab mich im Gras gewälzt. Das kann ich dir nur empfehlen, Neuer! Der Morgentau im Gras ist echt abgefahren! Na, was ist wollen wir uns zusammen im Gras wälzen?“ Henry lachte nur und meinte: „Nein danke. Aber dich darf ich dafür wieder in die Pferdewaschanlage schieben, so wie du aussiehst.“ Kingston macht kehrt und galoppierte auf die Koppel zurück, das letzte was Henry von ihm hörte war: „Also wenn du mich nachher so wie so wäscht, gehe ich nochmals für einige Runden raus!“ Das war das Tagesgeschäft von Henry und mit der Zeit haben ihn die Pferde richtig lieb gewonnen. Irgendwann entbrannte sogar ein Streit unter den Pferden, denn jedes Tier wollte von ihm an einem Turnier geritten werden. Selbst als Henry seine Freundin zur Frau nahm, standen die Pferde nach der Trauung Spalier und wieherten dem Paar Glück zu. Jedes Tier schenkte dem Paar ein altes, getragenes Hufeisen. Nach Jahren seines Erfolgs, betreute Henry Pferde von anderen Gestüten und berichtete den Pferdebesitzern, was ihren Schützlingen so fehlte.
Ende
© Nicole Maier/Rani Shahima