Mehr als fünf Jahre war sie fort. Sie ertrug all ihre Aufgaben in der Unterwelt nicht mehr. Als Königin des Todes sorgte sie dafür, dass die Seelen sich in den elysischen Feldern erholen können und beim „frohen Völkchen“ neue Energie für ein neues Leben tanken können.
Als Vegetationsgöttin sorgt sie gemeinsam mit ihrem Göttergatten Pluto, auch der Reiche genannt, unterirdisch für Fruchtbarkeit. Sonst gäbe es im Frühjahr keine Knospen und Blüten, im Sommer keine Früchte und im Herbst keine Ernte. Als erste Hexe sorgt sie für steten Wandel.
„Du kommst wieder?“ Fragte Pluto von seinem ehernen Thron herab und seine sonore Stimme hallte durch die Dunkelheit. Zerknirscht und sich über den linken Arm reibend, meinte Proserpina: „Ja, hier bin ich. Den Styx habe ich überquert und die Menschen ihrem Schicksal überlassen.“ „Ich sagte dir, sie verdienen dich nicht! Du wolltest es nicht sehen, nicht verstehen…und jetzt,“ hier unterbrach er sich selbst, seine Stimme musste sich erholen, „bist du ein Häuflein Elend und dennoch eine Stolze Frau. Trotz allem was dir in der Menschenwelt wiederfahren ist.“ „Ja, meinen Stolz behielt ich, aber nie wieder will ich auch nur einen Tag zurück.“ Antwortete wahrheitsgemäß Proserpina, dann holte sie tief Luft, denn sie glaubte gleich weinen zu müssen, aber diese Blöße würde sich nicht geben. Sie sprach schnell und mit fester Stimme: „Ich wurde verachtet, gegängelt, verlacht, geschlagen und seelisch gefoltert. Ich dürstete und hungerte, frierte an heißen Tagen, wegen der Kälte mancher Menschen. Darbte nach Glück und so strebsam und ehrgeizig ich auch war, irgendwo gab es immer Menschen die mich benutzen oder meine Talente missbrauchten. Natürlich durfte ich auch die Mitmenschlichkeit und Liebe erfahren, dennoch hielt es sich die Waage und egal wie anständig, brav und treu ich den Menschen diente, irgendwem war ich immer ein Dorn im Auge….“ „Deine Füße und Hände sind geschunden,“ Pluto war inzwischen von seinem Thron aufgestanden und lief um Proserpina herum, „deine Seele ist müde, aber dein Feuer und deine Leidenschaft sind ungebrochen… ich seh’s in deinen Augen.“ Prüfend blieb Pluto dicht hinter seiner Gefährtin stehen, beinahe unbemerkt schmiegte sie sich bei ihm an. Plutos Hände strichen über ihre Schultern die Arme entlang, bis sich ihrer beider Hände trafen. Seine Nase vergrub sich in ihrem Haar und sehnsüchtig neigte sie ihren Hals zur rechten Seite, Plutos Lippen berührten ihre empfindliche Schlagader links und an ihr Ohr wisperte er: „Willst du für immer und ewig hier bleiben und deinen Aufgaben nachgehen?“ „Ja.“ „Wirst du die Menschen irgendwann vergessen und nur noch dir selbst und mir gehören wollen?“ Bei dieser Frage küsste der Gott der Unterwelt seine Gattin, als er ihren Mund frei gab, keuchte sie: „Ja.“ Er nahm sie auf seine starken Arme greifen während er mit seiner süßen Fracht ging, meinte Pluto: „So sei es, Geliebte!“

© Nicole Maier