Victoria war vor kurzem mit ihrer Familie nach Staufen im Breisgau gezogen. Alle waren sie erschöpft vom Umzug und dem vorangegangenen Stress und durch die diversen Aufgaben und Verpflichtungen kamen weder die Familie, noch sie in den Genuss dieses malerischen Ortes. Nun ja, leider ließ auch das Wetter zu wünschen übrig, es war ungewöhnlich kalt für Anfang Oktober und ziemlich nass. Dennoch gab es diese kleine wertvollen Momente am Morgen, wenn sie aus ihrem Himmelbett stieg, die Jalousie hochzog und zur Burgruine blickte. Mal lag der Nebel über der Burg, ein anderes Mal nur über dem Dorf. Diese Burgruine strahlte etwas Mystisches aus und es zog sie auch magisch dorthin.
„Heute muss ich da rauf, unbedingt!“ Sagte sie sich an einem Sonntagmorgen. Später, es war bereits früher Nachmittag und die Sonne blitzte durch die Wolken, befand sich Victoria tatsächlich auf dem Weg zur Burgruine. Der Anstieg war steil, aber an den Reben mit Gutedel vorbei zu gehen schaffte gute Ablenkung und es entstanden schöne Fotos mit dem Smartphone. Oben angekommen musste sie erstmal durchschnaufen. Wie Victoria um neue Kräfte rang, schweifte ihr Blick über die sanften Hügel des Markgräflerlandes und sie stellte sich vor, wie beschwerlich es wohl einst für die Dienstboten des Adelsgeschlechtes gewesen sein musste, Waren vom Dorf hier auf den Berg, zur Burg zu befördern.
Plötzlich wurde Victoria angesprochen, erschrocken drehte sie ihren Kopf nach hinten. „Sorry, kennen Sie sich hier aus? Ich habe mich vermutlich verlaufen.“ Sprach der Mann mittleren Alters mit britischem Akzent sie an. „Tut mir leid, auch ich bin heute zum ersten Mal hier. Jedoch gibt es nur einen Weg zur Burg, somit müssen Sie denselben Weg abwärts nehmen.“ Erklärte Victoria, er bedankte sich und begann den Rückweg.
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Victoria erkundete die Überreste dessen was einst der Palas, der Kerker und die Gemächer waren. Oben auf dem intakten Turm mit Zinnen, sah man ins Markgräflerland, ins Elsass und ins Münstertal. Inzwischen erwärmte die Sonne die Luft und auch die Vögel hatten ihre Freude daran, das Gezwitscher war fröhlich.
Was Victoria nicht wusste, dass sie beobachtet wurde. Der Fremde mit britischem Akzent, war ein Zauberer und Gestaltenwandler und nach Jahrhunderten des Wartens, war die Auserwählte endlich da.
Victoria zeichnete Runen in die Luft, obwohl sie sich beobachtet fühlte. Algiz zum Schutz, Tiwaz für Kraft, Fehu für Erfolg und Thurisaz für Verbindung mit den Göttern. Sie wollte den Göttern danken und gleichzeitig um Beistand beten. Nun fühlte sie sich aber unbehaglich. „Irgendwas stimmt hier nicht.“ Dachte sie sich, dennoch schloss sie erneut die Augen und konzentrierte sich.
„Endlich bist du meinem Ruf gefolgt. Endlich hat das Warten ein Ende. Heute beginnt dein neues Leben.“ Sprach diese Stimme im warmen Wind der sie umgab, Victoria war verunsichert, zwar hatte sie Kontakt zu Elementargeistern, aber heute ist es anders. Sie sprach in ihren Gedanken zu dieser Stimme: „Wer und was bist du? Ich fühle deine Präsenz. Verschwinde wenn du nur Unfug vor hast!“ „Nein, Unfug schwebt mir nicht vor,“ sprach die Stimme, „viel mehr einen Handel für dich. Übrigens, ich kenne Sylvana, die Waldnymphe deiner Heimat und da ihr Kontakt hattet, weiß ich viel über dich, Victoria.“ Da Victoria alleine auf der Burg gewesen ist, sprach sie nun laut: „Gut, da wir also beide Sylvana kennen bitte ich dich nun dich sichtbar zu machen und dich mir vorzustellen!“ Victoria hätte mit allem gerechnet, einem Zwergen, Gnom oder Elf, da sie vor allem mit Erdgeistern zu tun hatte, mit einem Zauberer hingegen nicht. Er hatte die Gestalt des Touristen, welcher sie vorhin nachdem Weg fragte. „Bitte, deine eigene Gestalt!“ Forderte Victoria von dem Zauberer. Der Zauberer schnipste mit den Fingern und zack, sah er anders aus. Etwa 1,80 Meter groß, gut gebaut und rotblonde Haare, welche zu einem ordentlichen Zopf gebunden waren. Sommersprossen überzogen sein Gesicht und warme, große grüne Augen sahen sie schalkhaft an. Victoria stockte kurz der Atem, sie dachte an die seltsamen Träume, welche sie vor dem Umzug hatte. Der Zauberer sprach es aus:
„Ja, ich schlich mich vor Wochen bereits in dein Unterbewusstsein und sendete dir Fakten. Für dich, liebste Victoria, waren es diverse, sich wiederholende Bilder. Du beendest am PC, in einem hellen Raum im ersten OG, deine Arbeit. Stehst auf, blickst aus dem Fenster auf das Meer und den warmen Sandstrand, dann hüpfst du freudig die Treppen abwärts und läufst durch das riesige Wohnzimmer, die Sonne auf dem Parkett verleitet dich dazu Piuretten zu drehen, dann angelangt an einer weiteren Treppe, gehst du diese würdevoll hinab. Bleibst vor einer Türe stehen, klopfst an und ich öffne dir. Mein Raum ist hermetisch versiegelt. Wusch…Szenenwechsel, wir laufen barfuß am Strand, ab und an streift uns die Brandung. Wir gehen nebeneinander ohne uns zu berühren…“
Victoria ergänzte:
„…du warst gesichtslos in meinem Traum, ich roch die salzige Luft und spürte die Wärme. Ich fühlte mich wohl. Wir lachten und führten eine Unterhaltung, welche ich nicht verstand im Traum.“ Nun veränderte Victoria ihren Tonfall und forderte barsch: „Jetzt deinen Namen und scher dich künftig aus meinem Kopf heraus! Verstanden?“
Erheitert lächelte der Zauberer, dann fragte er spöttisch: „Man hab mir gar viele Namen, welchen willst du?“
„Deinen richtigen Namen natürlich!“
„Nikolaus Mephistoteles, verehrte Victoria,“ stellte sich der Zauberer vor, während er sich verbeugte und fügte hinterher, „es scheint als trügen wir beide den „Sieg“ im Namen, du lateinisch, ich griechisch.“
Nun bekam Victoria einen Lachanfall und prustete: „Was der Dämon, der Doktor Heinrich Faust auf Abwege brachte?“
Etwas verärgert über ihr unerwartetes und ins lächerliche gezogene Verhalten argumentierte Nikolaus Mephistoteles:
„Ach, du gehörst zu den Spottdrosseln? Nein, ein Dämon bin ich nicht, aber die primitiven Menschen glaubten das, was die Kleriker sie glauben ließen. Zauberei, Naturreligion, auch weiße Magie, damit konnten diese grießgrämigen, kleinkarrierten Ignoranten nichts anfangen und da sie ihre Macht nicht verlieren wollten, verbreiteten sie unter den Völkern schon immer Angst und Schrecken. Ja selbst einfache, brave Hausfrauen opferten die Kirchenmänner als Hexen, dabei gab es noch keine Uhren und damit eine Suppe oder ein Eintopf lange genug zog, sprachen die Frauen Reime, welche ihnen die Mütter lernten. Die Nonnen im Kloster waren etwas schlauer – eine einfache Soße rührt und bindet man mit der Dauer von zwei „Vater unser“ und einen ganzen „Rosenkranz“ für das Brot im Ofen.“
Diese Dinge wusste auch Victoria und meinte zerknirscht: „Bitte verzeih mir, Nikolaus!“ Nun machte er einige Schritte auf Victoria zu und ergriff ihre Hände. Sie erschrak, denn seine Hände waren warm und real spürbar. Nikolaus bemerkte ihre Gedanken und erläuterte: „Ich bin aus Fleisch und Blut, Tränke und meine Magie haben mich überleben lassen. Aber es ist stets dasselbe; Menschen wollen Magie, sehen sie diese dann, behaupten sie es ist Trickserei.“
Victoria nickte bestätigend, dann nach kurzem Schweigen der beiden meinte sie: „Nikolaus, du hast eben noch von einem Handel gesprochen, was beinhaltet er?“
Nun war der Zauberer wieder ganz in seinem Element. „Eigentlich ist dieser Handel simpel, aber nicht jeder führt ihn planvoll und korrekt durch.“
„Warum?“
Auf diese knappe Frage von Victoria, folgte die scharfe Antwort von Nikolaus.
„Du hast viel Übel, Unrecht und körperlichen Schmerz erfahren, weil du deine Bestimmung nicht auslebst.“
Victoria lachte und schüttelte den Kopf, sie murmelte es mehr zu sich: „Schon wieder so ein Spinner. Ja, ich weiß, als Schamanin muss ich meiner Bestimmung folgen und heilen… Was wenn dies jedoch in unserer so logischen, kalten, digitalen Welt nicht möglich ist? Sieh dir doch mal die Vielzahl der scheinheiligen Propheten in den sozialen Netzwerken an! Licht und Liebe hier, Licht und Liebe da, zum kotzen…. und in Wirklichkeit jagen auch diese „Licht und Liebe Prediger“ dem schnöden Mammon hinterher und häufen ihre Kontos.“
Nikolaus gefiel dieses Gespräch immer mehr, Victoria war weitaus amüsanter, als einst der vertrocknete Doktor Faust.
„Was wenn dir der Spinner sagt, dass wir gleich als Raben fliegen?“
Victoria lachte, allerdings verwandelte sie sich bereits und die Federn bemächtigten sich ihrem Körper, zeitgleich schrumpfte sie, letztlich entwich ihrem Schnabel eine heiseres Krächzen. Nikolaus, der ebenfalls ein Rabe war, schaltete sich in ihren Kopf ein. „Nicht aufregen! Glaube daran, dass du ein Vogel bist und flieg los!“
Gesagt, getan. Victoria flog zuerst auf eine Zinne und dann hob sie gänzlich ab. Es war herrlich die verschiedenen Luftmassen unter ihren Flügeln zu spüren. Da lag Staufen verträumt, die Reben verlockten mit ihrem süßen Duft zu einem Snack. Neben ihr flog Nikolaus, er machte einen Sturzflug vor und sie folgte seinem Manöver, um danach wieder aufzusteigen. Im Steigflug sah sie die Hochhäuser und sie dachte an ihre Familie. Nikolaus bemerkte, dass bei Victoria die Retourverwandlung einsetzte, deshalb flog er unter ihr hindurch und verwandelte sich augenblicklich zurück, somit konnte er Victoria gerade noch retten, indem er den Sturz abbremste.
„Was ist geschehen?“ Fragte Nikolaus und Victoria antwortete ehrlich: „Ich dachte an meine Familie und mir wurde bewusst, dass ich ein Mensch bin und dies alles träume.“ „Du träumst nicht, es ist wahr was du eben erlebt hast. Du wirst noch einige Übungsstunden benötigen, aber für deinen ersten Flug war das grandios.“ Erklärte der Zauberer, dann stellte er fest, dass die Kleidung auf Grund des Verwandelns nicht mehr intakt gewesen ist, daher sprach er einen Zauber und e voilá, sind beide wieder ordentlich gekleidet gewesen.
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Nach einer Erholungspause liefen sie beide den Berg hinab und im Dorf lud Victoria Nikolaus zu einem Milchshake ein, erneut kam sie auf den Handel zu sprechen.
„Also, wie sieht er aus, dein Handel?“
„Was begehrst du am meisten in deinem Leben, Victoria?“
„Endlich Gerechtigkeit und Rache für meine Familie und mich. Dass meine Eltern und meine Geschwister ein gutes, gesundes Leben haben. Was im Übrigen auch für mich gilt.“ Argumentierte sie und fragte ihn: „Was ist der Preis? Was muss ich tun?“
Genüsslich zog er an seinem Strohhalm und als er den Shake geschluckt hatte sagte er beiläufig: „Meine Assistentin werden, zumindest die erste Zeit und später gleichberechtigte Partnerin. Ich möchte die Welt umgestalten, dazu brauche ich dringend magische Unterstützung. Einige Hexen, Schamanen und Zauberer habe ich schon auf meiner Seite, aber ich brauche ein weiteres Alphatier – dich!“
Victoria blieb vor staunen der Mund auf, dann streckte sie ihm die Hand zum Schlag entgegen. Nikolaus griff zu und sie beschlossen ihren Handel.
„Nie wieder Sorgen und Rache für deine Familie im Gegenzug zu meiner neuen Weltordnung, denn so wie die Welt jetzt ist, kann sie nicht bleiben. Vor allem weil wir länger als die Menschen leben, brauchen wir übernatürlichen Menschen Stabilität.“
Erneut stutzte sie: „Wie alt bist du denn? Sicherlich nicht mehr wie ich – Anfang vierzig.“
Jetzt lachte er spottend: „Häng‘ noch zwei Nullen dran und verdopple die vier! Aber dann kommen noch 45 dazu.“
Nach allem was sie seit anderthalb Stunden mit Nikolaus hinter sich hatte, glaubte Victoria ihm die 845 Jahre, daher ihre laxe Antwort: „Chapeau, hast dich gut gehalten. Wie hältst du das Alter auf, äußerlich?“
Mit schiefem Grinsen ließ er verlauten: „Nun, dieses Mysterium musste du wohl irgendwann selbst ergründen!“
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Und so kam es, in den folgenden Wochen verließ Victoria morgens das Haus und kam am späten Nachmittag wieder nach Hause, ihre Familie glaubte dass sie zu ihrer Arbeit geht, jedoch traf sie sich zum Unterricht in Hermetik und Hexerei mit Nikolaus. Der erfahrene Zauberer kreierte einen Clone, damit das Fehlen der echten Victoria auf der Arbeit nicht auffiel. Zum ersten Mal seit langer Zeit hatte Victoria wieder Freude an dem was sie tat, sie lernte schon immer gerne und das mixen von Tinkturen und Tränken faszinierte sie bereits als Kind.
Anfang Dezember sollte sie ihre erste Prüfung ablegen und die Familie, welche ihrer Familie so sehr geschadet hat in Mäuse verwandeln. Gemeinsam mit Nikolaus Mephistoteles, flogen sie als Raben in Victorias alte Heimat und dort suchten sie das Haus jener Familie auf. Die Herrschaften trudelten zur Mittagspause ein, bevor diese gemeinen Leute kamen, sorgten Nikolaus und Victoria dafür, dass der Trank mit Mäuseelexier in die Limonadenflaschen auf den Tisch kam. Die Leute aßen und tranken. Als alle sich erheben wollten, klopfte die zum Raben verwandelte Victoria mit dem Schnabel ans Fenster. Begeistert davon, erhob sich die Mutter, öffnete das Fenster und der Rabe flog ein. Victoria verwandelte sich augenblicklich in ihre echte Erscheinung und sprach den Zauber. Die Kombination des Trankes und die rituellen Worte ließen aus der boshaften Familie Mäuse werden.
Nach einer Stunde sind die Mäuse wieder Menschen geworden und wem die böse Familie dies auch erzählte, keiner wollte ihnen glauben.
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In der Mittwinterzeit feierte Victorias Familie ein harmonisches Weihnachtsfest. In der Nacht auf den ersten Weihnachtsfeiertag weckte Nikolaus Victoria. Erschreckt schrie sie auf, deshalb hielt Nikolaus ihr den Mund zu. „Scht, ich bin’s. Komm mit!“ Als sie sich gefangen hatte, meinte sie: „Bist du verrückt, draußen schneit es und es ist finstere Nacht.“ Er entgegnete: „Ich war der Annahme, dass du heute an Yul unsere Gefolgschaft kennenlernen möchtest. Außerdem wirst du nicht frieren, wenn du dir diese Salbe aus Bilsenkraut aufträgst!“
Maulend erhob sich Victoria aus dem Bett: „Mit dir macht man was mit…gut, gib schon her!“ Victoria nahm ihm den Tiegel mit der Salbe ab und wies ihn an in ihrem Zimmer zu warten, während sie im Bad die „Zaubersalbe“ auftrug.
Mit einem Spruch, einem Trank und einem Schnipsen mit den Fingern, beförderte Nikolaus Mephistoteles Victoria und sich an den Ort der Versammlung. Es war Stonehenge in Südengland und es waren mindestens 100 Hexen und Zauberer anwesend. Victoria stand neben Nikolaus auf dem Altarstein in der Mitte und sie war überrascht, dass sie so ein prächtiges Gewand trug. Nikolaus nuschelte ihr zu: „Na zufrieden? Dein glänzendes, weißes Gewand aus feinster, gefütterter Seide mit Kapuze.“ Sie schmunzelte: „Sehr zufrieden, aber Meister nenne ich dich deshalb nicht.“
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Nikolaus hielt seine Rede und stellte Victoria als Anführerin vor. Eine Doppelspitze basierend auf der alten Lehre. Es gab immer eine Hohepriesterin und einen Druiden, auf dieser Führungstradition baute Nikolaus Mephistoteles seine Umstrukturierung der Welt auf.
„Wir werden all das Geld, welches die Banken und Wirtschaft horten, für die Menschen ausgegeben. Es werden Brunnnen in den Trockengebieten gebaut werden, Bäume sollen vermehrt gepflanzt werden, es wird weniger digitale Medien geben, mehr Natürlichkeit unter den Menschen. Die Arbeitswelt soll so reformiert werden, dass jeder nur noch vier Stunden täglich arbeitet, um mehr Zeit für Familie, Freunde, Tiere und Gesundheit zu haben.“
Das Zaubervolk jubelte, denn diese Umgestaltung des Lebens, der Erde, kommt ihnen zugute. Mit nahezu ewigem Leben möchte man eine lebenswerte und liebenswerte Welt.
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Victoria kam im Morgengrauen des ersten Weihnachtsfeiertages zurück in ihre Wohnung, die Eltern schienen noch zu schlafen, aus den Zimmern hörte man nichts.
„Das war ja unglaublich, von jetzt auf gleich sind wir hier oder dort“, sagte Victoria begeistert und hängte eine Fragte an, „werde ich diese Form von Zauberreise auch irgendwann beherrschen?“
„Natürlich, du hast die Magie von Geburt an und eine eifrige Schülerin bist du auch, daher wirst du dich schon sehr bald überall hinzaubern können.“ Antwortete Nikolaus, aber er wollte von ihr wissen, was sie von seinen Plänen hielt.
„Klasse! Wenn es nach mir ginge, so brauchen wir ohnehin ein globales, soziales Miteinander. Deine Pläne sind mit meinen deckungsgleich. Ich kann es noch immer nicht fassen, dass ich nicht nur mitmache, sondern mit dir anführe.“ Meinte sie enthusiastisch.
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Weihnachten verging, auch die Tage zwischen den Jahren. Jeden Abend verbrannte Victoria einen ihrer Raunachtswünsche, welche sie Wochen zuvor aufgeschrieben und so zusammengefaltet hatte, dass sie diese nicht mehr lesen konnte. Inzwischen wusste sie, dass sie für viele ihrer Wünsche selbst sorgen konnte und auch ihrer Familie entging die positive Veränderung von Victoria nicht. Sie ist ausgeglichener und gesünder, als sie es jemals zuvor gewesen ist. Die Familie ahnte nur noch nicht, dass es tatsächlich daran lag, dass Victoria ihre Bestimmung lebte. Sie konnte seit frühester Kindheit heilen, zaubern und mit Elfen und Zwergen reden, jedoch um in der logischen Welt ihrer Mitmenschen und Familie zu überleben verbarg sie ihre kosmischen Gaben. Hier und Heute freute sie sich allerdings enorm, denn die Zukunft wird traumhaft werden. Mit und an Nikolaus Seite und durch die gemeinsame Reformierung und Modifizierung der Welt. Ja, dieser Nikolaus Mephistoteles hat gründlich ihre Anschauungen untermauert und ihr Potenzial zu höheren Zielen gestärkt … und da ist auch eine Energie und Magie zwischen ihnen. Beide spürten dies von Anfang an, wobei Nikolaus sich schon vor Jahren in sie verliebte. Es war während einer Walpurgisnacht, sie vollzog Rituale im Waldheiligtum auf dem Schädelberg. Sylvana, die Waldnymphe aus der alten Heimat von Victoria, hatte ihn und viele andere Übernatürliche eingeladen und da war Victoria. Sie tanzte mit vielen anderen um das Beltane-Feuer, nachdem Sylvana ihn auf Victoria aufmerksam machte, wandelte er sein Erscheinungsbild und tanzte mit ihr. Dasselbe geschah auch ein halbes Jahr später zu Samhain/Halloween, allerdings redeten die beiden mehr. Seither bewachte Nikolaus Mephistoteles seine Victoria und je mehr Zeit er mit ihr verbrachte ohne dass sie es wusste, desto mehr verlor er sich in ihrer Essenz. Sie war seine Auserwählte, eine Wiedergeborene…Victoria war vieles in ihren vergangenen Leben, aber in diesem ist sie eine schamanische Hexe und soll seine Gefährtin auf Ewig werden.
„Mein lieber Doktor Faust, dies meinte ich damals, als du dein Gretchen ins Unglück gestürzt hast. Studiere die Frau die du begehrst, verstehe sie und setze auf den freien Willen. Du wolltest dereinst nicht hören. Ich höre auf meinen eigenen Ratschlag und der freie Wille lässt meine Auserwählte freiwillig in meine Arme laufen.“ Sprach Nikolaus Mephistoteles zu sich, als er sich unerlaubterweise in den Gedanken von Victoria herumtrieb und es freute ihn, dass er ihre eigenen Gedanken beherrschte.
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Am Sylvesternachmittag machte Victoria einen Spaziergang durch das malerische Dörfchen, die Staufener wünschten sich alle gegenseitig „einen guten Rutsch“. Es war sonnig, wenn auch kalt. Unterhalb des Berges gab’s Glühwein und da hatte sich Nikolaus mit ihr verabredet. Nach der kurzen Begrüßung mit „shake hands“, drückte Nikolaus Victoria einen Becher Glühwein in die Hände. Sie schloss für einen Moment die Augen, da die Wärme so gut tat. Nikolaus ergriff die Gelegenheit und gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Wange. „Ups, wofür war denn der?“ Wollte erheitert Victoria wissen und Nikolaus erklärte: „Einfach nur so, weil ich dich mag … um ehrlich zu sein, sogar mehr als mögen….“ Peinliches Schweigen zwischen den beiden, eigentlich wollte sich Victoria nach den letzten Beziehungen nicht mehr binden, aber auch sie fühlte sich enorm von Nikolaus angezogen. „Du brauchst mir nicht antworten, Victoria. Da ich deine Schwingungen mitbekomme, weiß ich wie hin und her gerissen du bist.“ Nun stellte Victoria den Becher auf dem Stehtisch ab und wandte sich ihm zu, nahm seine Hände in ihre und sah hoch zu ihm, in seine Augen.
„Sicherlich weißt du dann auch, dass ich gleich fühle wie du. Allerdings, wollte ich mich nicht so schnell wieder binden…Nikolaus…“
Er ließ sie nicht aussprechen, der Zauberer küsste seine Hexe ganz sanft, dann erklärte er: „Verzeih mit bitte, aber dies musste ich nun machen.“ Errötet entgegnete Victoria: „Alles gut, aber küss mich nochmal!“ Er folgte der Aufforderung und dieser Kuss war Leidenschaft pur. Als sich ihre Gesichter trennten lachten sie beide über sich, dank Victorias Lippenstift, sind beide verschmiert gewesen. Victoria murmelte einen Spruch und beide sahen wieder ordentlich aus.
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Abends, träumte Victoria vor sich her, trotz des Silvesteressens und der Gäste. Nachts stießen alle auf das neue Jahr an, die Kirchenglocken läuteten und plötzlich auch die Klingel zur Wohnung. Victorias Vater öffnete und Nikolaus stellte sich vor. Die Gäste, sowie die Mutter, standen auf dem Balkon und sahen sich das Feuerwerk an.
„Darf ich euch vorstellen,“ tönte der Vater freundlich, „hier ist Herr Mephistoteles, der Freund meiner Tochter.“ Etwas überrumpelt drückte Victoria Nikolaus an sich zur Begrüßung.
„Hallo und ein gesundes neues Jahr für dich, Liebes.“ Sagte Nikolaus, dann küsste er Victoria vor ihren Eltern und den Gästen, kaum dass er sie freigab, drückte ihm Victorias Mutter ein Sektglas in die Hand. Die Mutter wisperte ihrer Tochter zu:
„Er ist zauberhaft. Warum hast du ihn nicht schon eher mitgebracht?“ „Weil wir erst seit heute zusammen sind.“ Sagte trocken Victoria.
Nachdem die beiden lang und breit ihr Kennenlernen erzählten, natürlich ein wenig abgespeckt, über den Zauberunterricht verloren beide kein Wort, flüsterte Victoria Nikolaus zu:
„Was kommt als nächstes? Verlobung? Wir haben uns heute nur geküsst von Zusammensein war keine Rede.“ Nikolaus beugte sich an ihr Ohr und meinte: „Du vergisst, dass ich andere Gepflogenheiten habe, da ich aus einer anderen Zeit komme und ja, als nächstes verloben wir uns. Deine Eltern mögen mich.“ Er gab ihr eine Kuss auf den Hals. „Nur weil du sie manipuliert hast!“ Raunte sie ihm zu und er erläuterte: „Nein, ich achte und ehre den freien Willen, auch dich manipuliere ich nicht. Übrigens, morgen oder quasi heute fangen wir mit dem Umbau des Systems auf dieser Welt an. Bist du noch dabei?“ Jetzt sprühten die Funken zwischen den beiden hin und her, dieses Knistern war regelrecht spürbar. Victoria schmiegte sich in seine Arme, so dass er mit seinem ganzen Körper ihrem Rücken Schutz und Wärme bot. Beide besahen sich das Feuerwerk vom Balkon aus weiter an, die Eltern und die Gäste waren bereits wieder ins Warme gegangen.
„Ja, ich bin noch dabei, ich lasse mir doch die Veränderung der Welt nicht nehmen! Für alle Menschen und Tiere wünsche ich mir endlich Frieden und mehr Zeit für einander. Damit werden alle gesünder und zufriedener werden. Wir brauchen viel Umverteilung und gute Handschellen für all die Despoten dieser Welt. Außerdem Herr Mephistoteles, ich bin in Sie verliebt.“
„Und ich in Euch, Verehrteste. Schön, dann verändern wir die Welt. Der Teil unserer Gefolgschaft, welcher bereits schon wieder Tag hat, ist bereits am Werk. Du wirst es heute Abend in den Nachrichten hören und sehen, aber bis dorthin entführe ich dich…“
Nikolaus führte sie sachte ins Wohnzimmer, verabschiedete sich von den Eltern und Gästen, dann machte er eine Randbemerkung: „Wenn es in Ordnung ist, werde ich Victoria noch zu einem Ball mitnehmen.“
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Nachdem Nikolaus und Victoria im Lift waren, holte er eine Phiole aus der Brusttasche seines Mantels und sagte zu ihr: „Ich werde dir gleich diesen Zaubertrank mit einem Kuss verabreichen und wenn ich schnipse, sind wir in Ford Knox.“ Victoria wollte noch nachhaken, jedoch setzte Nikolaus die Phiole an seinen Mund und danach küsste er sie so intensiv, dass sie an die Wand des Fahrstuhls gedrückt wurde. Bedingt durch den Kuss, schluckte auch Victoria den Zaubertrank. Die Türe des Lifts öffnete sich im EG, aber das Schnipsen von Nikolaus Fingern war schneller und somit war der Fahrstuhl bei der Türöffnung leer.
Victoria spürte das kalte Metall in ihrem Rücken, deshalb löste sie sich aus der Umarmung des Kusses. „Wir sind tatsächlich in Amerika im größten Tresor der Welt…cool einerseits und schade andererseits.“ Äußerte sich Victoria, Nikolaus gab ihr einen Kuss auf ihre Stirn und wisperte an ihr Ohr: „Erst die Arbeit, dann das Vergnügen…wie würde dir für diesen unseren speziellen Anlass das Riz gefallen? Präsidentensuite?“ „Oh ja,“ raunte Victoria, jedoch erhob sie eine Augenbraue und fragte misstrauisch, „dann werde ich aber hoffentlich nicht gleich Frau Mephistoteles?“ Er grinste: „Nein, um Frau Mephistoteles zu werden solltest du nun mit zaubern beginnen. Lass uns all diese Milliarden auf Inis Vitrin schaffen!“
Auf die legendäre Insel, welche auch als Avalon bekannt ist, zauberten die Hexe und der Zauberer, sowie ihr Gefolge das gehortete Vermögen der Welt. Ob es die EZB, Frankfurt, London oder Tokio war, das Geld und Gold, sowie sämtliche Anleihen wurden in dieser Neujahresnacht weltweit geraubt, um es der gesamten Menschheit zu Diensten zu stellen.
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„Schatz, Liebes!“ Nikolaus schüttelte sanft an ihrer Schulter, sie lag bäuchlings und eingerollt in die mit schwarzem Satin bezogene Bettwäsche. Er schmunzelte, als er an ihre erste gemeinsame Nacht dachte. Victoria war nach dem entwenden des Geldes so enthusiastisch und aufgeladen mit positiver Energie, dass sie wild und hingebungsvoll zugleich war. Er beugte sich über ihren Nacken und küsste ihr den Atlaswirbel, Victoria begann aufzuwachen und streckte sich ausgiebig, dann drehte sie sich ruckartig um und sah in diese wunderschönen smaragdgrünen Augen, welche von dem Sommersprossengesicht eingerahmt waren. Es dämmerte ihr: „Vergangene Nacht…die Tresore, das Geld, das Gold, die magische Insel und dann diese Nacht beziehungsweise dieser Morgen im Riz in New York…. bei all den Göttern, Nikolaus, normalerweise tue ich so etwas nicht. Was denkst du bloß von mir?“ „Dass du mich jetzt heiraten musst,“ er lachte wie ein Ganove, dann streckte Nikolaus Victoria das Smartphone entgegen, „du solltest deinen Eltern anrufen! Deine Eltern riefen schon einige Male an. Beruhige sie bitte!“
Sie tat wie ihr geheißen und nachdem das Telefonat beendet war, ging Victoria ins Wohnzimmer der Suite zu Nikolaus auf die Couch.
„Niko, wir waren erfolgreich. Mum erzählte, was für Schlagzeilen durch die Nachrichten gegangen sind. ‚Keller der EZB leer.‘ ‚Ford Knox- Tresore geknackt.‘ Habe nichts erzählt, da ich nicht weiß ob jemand mithört. Wie geht’s jetzt weiter?“
„Morgen, mein lieber Schatz, werden wir an die Öffentlichkeit gehen und alles erklären, aber heute ist Feiertag. Was hast du eigentlich deinen Eltern über uns erzählt?“ Sie schmunzelte und meinte euphorisch: „Ach, dass du mich mit deinem Privatjet nach New York mitgenommen hast. Schließlich ist die Vorwahl unverkennbar.“
Beide genossen sie den Neujahrstag und abends besuchten sie die MET, bevor Nikolaus und Victoria sich zurück nach Europa, nach Deutschland, nach Staufen zauberten.
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Zuhause musste Victoria natürlich lang und breit berichten, wie es in New York, im Riz und der Oper gewesen ist. Ihre Eltern waren total neugierig. Am späten Nachmittag des zweiten Januars, holte Nikolaus Victoria ab. Gemeinsam zauberten sie sich vor die Pyramiden von Gizeh in Ägypten, auch die anderen Hexen und Zauberer waren anwesend. Einige der Computeraffinen im magischen Gefolge, hackten sich in die Systeme der großen Fernsehsender der Welt ein und dann wurde aufgenommen, was später vierundzwanzig Stunden in Dauerschleife um das Erdenrund verkündet werden soll. Alle trugen venezianische Halbmasken und die untergehende Sonne färbte alles rot hinter den Pyramiden. Es war feierlich und so begann auch Nikolaus Mephistoteles seine Rede: „Liebe Mitmenschen, überall auf unserer schönen Erde, wir kommen in Frieden und mit den besten Absichten. Wir sind alle Hexen und Zauberer und viele Jahrhunderte lang sahen wir dem Treiben eurer Anführer zu, wie sie hetzen, Krieg und Unmut unter den Völkern schüren, aber vor allem wie sie euch mit dieser Erfindung Geld reizen, ködern und erpressen. Unsere gute Mutter Erde kann mit diesem Rohstoff nichts anfangen und im Prinzip auch kein Lebewesen. Daher krempeln wir hier auf Erden alles um, damit wir alle friedlich miteinander umgehen und unsere Talente in den Dienst der Menschheit stellen. Fürchtet euch nicht, es wird wunderbar!“
Diese Botschaft ging um die Welt und nahezu alle Menschen freuten sich, nur natürlich diverse korrupte Politiker oder andere Verbrecher nicht. Diese kamen hinter Schloss und Riegel, bis abgeklärt war, ob diese Leute eine Chance auf Freiheit hatten.
Die Welt wurde tatsächlich friedlicher, freundlicher und gesünder.
Nikolaus und Victoria vermählten sich zwei Jahre später und wenn sie nicht gestorben sind, dann zaubern sie noch immer für das Gute.