„Christmaswonder“
„Stundenlang trieben sie im Wasser oder war es nur Illusion?“ Fragte sich der achtjährige Peter und drehte sein Gesicht im Sand nach seiner Schwester, die vierjährige Anna saß weinend neben ihrem Bruder und meinte: „Mama und Papa sind nun im Himmel, oder?“ Peter rappelte sich auf und klopfte den Sand von sich, ganz langsam stellten sich die schrecklichen Erinnerungen wieder ein. Der schwere Sturm, der Dreimaster ein Spielzeug der gewaltigen Wellen, die Schreie der Matrosen, die Befehle der Offiziere und des Admirals. Eigentlich sollte der Vater in wenigen Tagen in der Kolonie Stellung beziehen und dort als Statthalter verwalten, daher musste die ganze Familie mitziehen…..
Doch jetzt? Er war mit seiner kleinen Schwester ganz alleine irgendwo im Nirgendwo. Er beugte sich zu Anna und nahm sie in die Arme, wie könnte er sie trösten? „Ja, nun sind sie im Himmel.“ Antwortete er, wohl um sich selbst Trost zu schenken. Obwohl sie hier in der Karabik waren, sind die Nächte frisch, darum sagte Peter zu Anna: „Hilfst du mir trockenes Holz zu sammeln? Ich versuche Feuer zu machen, damit wir nicht krank werden.“ Anna reagierte trotzig: „Nein, ich will krank werden und sterben, damit ich auch in den Himmel komme.“ Ein Schluchzen schüttelte den kleinen Körper, der große Bruder fühlte gleich, aber nun trug er auch Verantwortung für seine Schwester, deshalb stauchte er sie sachte zusammen: „Reiß dich zusammen und nimm Haltung an! Wir haben gewiss nicht überlebt, damit wir hier viel zu früh und fern unserer Bestimmung sterben.“
Wie aus dem Nichts kam mit der Welle in der Brandung eine Meerjungfrau angespült, die beiden Kinder stoben erschreckt auf und klammerten sich aneinander fest. „Bitte, ihr braucht keine Angst zu haben, ich will euch nichts Böses. Mein Name ist Stella Maris und mit meinen beiden Delphinen habe ich euch gerettet.“ Berichtete Stella Maris und etwas weiter im Wasser zeigten sich die zwei Delphine lachend, dann sprach die Meerjungfrau weiter: „Salty trug dich Peter und Cora dich Anna. Ja, ich kenne eure Namen,“ erklärte sie den Kindern, da diese ungläubig schauten, „ihr habt gesprochen, jedoch der Schock und wohl auch das Salzwasser haben es euch vergessen lassen.“ Anna löste sich aus der Unklammerung Peters und ging neugierig auf Stella Maris zu. Sie begutachtete die Meerjungfrau, dann fragte sie: „Bist du Fisch oder Mensch oder beides?“ „Weder bin ich Fisch noch Mensch, ich bin auch nicht alleine von uns Wassermännern und Frauen gibt’s viele, in allen sieben Weltmeeren. Aber wir leben zurückgezogen, da die Menschen uns nicht wohlgesonnen sind.“ Da mischte sich Peter zweifelnd ein: „Das liegt daran, dass ihr die Menschen hypnotisiert, ins Meer hinabzieht und dort verspeist. Anna geh weg von ihr, du weißt dass unser Pfarrer uns in der Sonntagsschule stets vor den Dämonen warnte!“ Stella Maris lächelte milde und meinte ironisch: „Dies spricht man also über mein Volk, dabei sind wir es, welche den Seefahrern bei Seenot helfen. Nun ein anderes Thema, ihr braucht Wärme.“ In Stella Maris Augen bildete sich ein leuchtendes Türkis und dann schossen aus ihren Augen blaugrüne Flammen in den trockenen Sand am Strand, das Feuer wärmte und verlor nach und nach von seiner an Land unüblichen Farbe. Peter begriff und nun hatte er ein Einsehen mit der Meerjungfrau, deshalb bedankte er sich höflich: „Danke, liebe Stella Maris, dafür dass du meine Schwester und mich gerettet hast und nun erneut vor einer Krankheit und dem sicheren Tod bewahrst. Verzeih bitte, wenn ich voreingenommen war!“ Natürlich verzieh die Meerjungfrau dem Jungen, dann sagte sie zu den Kindern: „Schaut nach Kokosnüssen, wenn ihr euch gewärmt habt, diese werde ich euch öffnen, damit ihr das Wasser trinken könnt. Derweil jage ich mit meinen Delphinen nach Fischen, damit ihr zu Essen habt.“ Ohne weitere Worte der Kinder abzuwarten, robbte sie in die Fluten zurück und tauchte ab.
Die Kinder suchten etwas abseits des Strandes, wo es grüner wurde nach Kokospalmen und wurden fündig. Allerdings waren die Palmen so hoch wie ein Wohnhaus, wie sollen sie da ran kommen? Was die Kinder nicht wussten die Elfen belauschten und beobachteten Anna und Peter und beschlossen ihnen zu helfen, indem sie einige Kokosnüsse abschnitten.
Aus dem Nichts hörten die Kinder Stimmen und Gekicher, dann zischten kleine Wesen mit leuchtendem Staub um Anna und Peter herum. „Was ist das?“ Fragte verzaubert von dem Anblick Peter und Anna sagte: „Das sind vermutlich Elfen, ich kenne sie nur aus den Märchen, welche unsere Gouvernante uns vorlas.“ Plötzlich hielten die Elfen in Standflug an, so damit die Kinder sie betrachten konnten. Die kleinen, schimmernden Flügel flatterten sehr schnell und aus der Formation löste sich eine Elfe, flog auf Peters Schulter und sprach:“Ihr braucht keine Angst vor uns zu haben, wir sind die Zuckerrohrelfen und wollen euch helfen. Unsere starken Elfer, lassen gleich einige Kokosnüsse regnen. Geht also lieber etwas zur Seite, nicht dass euch eine der nussigen Geschosse trifft!“ Kurz darauf fiel die erste Kokosnuss zu Boden, weitere folgten. Währenddessen betrachteten die Kinder diese feinen Wesen, es gab männliche Elfer und weibliche Elfen. „Ich werd‘ verrückt, dies wird mir kein Mensch jemals glauben.“ Brabbelte Peter vor sich her, während Anna verzückt, über die Elfen, lachte und staunte. Diese zarten, anmutigen Elfen ließen für kurze Zeit den Schmerz, um den Verlust der Eltern vergessen.
Die Elfe welche schon mit ihnen sprach, trat erneut mit den Kindern in Kontakt: „Ich habe die Kobolde informiert, sie sind etwas größer wie ihr und wir und einige werden euch die Kokosnüsse zum Strand tragen. Es war uns eine Freude euch zu helfen.“ Die Oberelfe rief in ihrer Sprache den Elfen etwas zu und weg waren sie.
„Oh Schade, dass die Elfen fort sind. Peter meinst du wir haben nur geträumt?“ „Nein, Anna, sieh auf den Boden hier liegen mindestens zwölf Kokosnüsse.“
Es raschelte im Laub und es wurde gequaselt, gelacht und gepfiffen. Anna griff etwas verängstigt nach Peters Hand und kurz darauf stand ein Kobold, in der Größe des achtjährigen Peters, vor den Kindern. Er sprach: „Guten Abend, seid ihr die schiffbrüchigen Kinder?“ Beide nickten einhellig, dann redete der Kobold weiter, dabei wackelten seine spitzen Ohren: „Ich bin Rob und dies sind meine Freunde,“ dabei deute er auf vier weitere Kobolde, „wir tragen euch die Kokosnüsse zum Lagerfeuer am Strand. Kommt!“
Dies taten die fünf Kobolde und während des Rückwegs fragten die lustigen Wesen die Kinder aus, was sich zugetragen hat.
Am Strand und Feuer angekommen wartete auch Stella Maris auf die Kinder und freute sich, als sie die helfenden Träger sah.
„Schön dich zu sehen, Stella und wunderbar wie du die beiden da gerettet hast.“ Rief Rob erfreut aus und Stella Maris winkte freudig ihren zweibeinigen Freunden zu: „Hey Jungs, schön euch ebenfalls zu sehen. Leider muss ich bald ins Meer zurück, meine Schuppen trocknen aus. Aber den Kindern habe ich Fische gefangen, auch schon ausgenommen und ins Feuer gelegt. Vielleicht helft ihr ihnen beim Wenden der Grillade?“ „Natürlich, tun wir dies.“ Meinte Rob. Zu Anna und Peter sagte Stella Maris noch rasch: „Euch viel Glück und geht achtsam mit euch und anderen um, die Welt ist mehr als das was ihr seht!“
Die Kinder nickten, bedankten und verabschiedeten sich von ihrer Retterin und ihren Delphinen.
Derweil haben sich die Kobolde um die Fische im Feuer, sowie das Öffnen der Kokosnüsse bemüht und die Kinder konnten ihren Durst am flüssigen Inhalt der Nüsse stillen.
Nachdem Peter und Anna auch gesättigt waren, schliefen sie am Feuer ein. Rob holte in dieser Zeit seinen Kommunikationskristall aus der Jackentasche und konzentrierte sich. Er stellte Kontakt zum Nordpol her.
In Santa Claus Haushalt waren alle Kobolde in Aktion, es ist die heilige Nacht und ihr Chef muss heute vierundzwanzig Stunden um die Erde fliegen, um guten Kindern ein Geschenk zu bringen. Ergo, erreichte Rob weder Santa’s Assistenten, noch Santa höchstpersönlich, aber Santa’s Frau wurde auf den leuchtenden Kristall aufmerksam und berührte ihn. Rob erkannte sie und argumentierte: „Hallo Anja, da ist Rob aus der Karibik. Ist dein Mann noch da?“ Anja übermittelte ebenfalls telepathisch: „Ja, noch etwa eine Stunde bis die Rentiere startklar sind. Klömpje hat doch solche Höhen- und Flugangst, da muss Claus noch psychologisch einwirken. Wie kann ich dir helfen, Rob?“
Rob berichtete Anja von den schiffbrüchigen Kindern, welche von Stella Maris gerettet wurden und davon, dass die beiden nun Waisenkinder sind, dann kam er zu seinem Anliegen: „Anja, ihr habt doch Platz am Nordpol und vor allem Harmonie, würdet ihr die Kinder nicht bei euch aufnehmen wollen?“ Santa Claus Frau stuzte: „Sehr gerne, aber was wenn sie den Menschen nach ihrer Zeit hier am Nordpol von uns erzählen oder gar die Leute zu uns führen? Die Kobolde, Claus, die Rentiere und ich wir sind für die Erwachsenen nur Märchenwesen und fern jeder Vernunft…“ „Es ist Weihnachten, Anja, “ warf Rob, der karibische Kobold ein und fuhr fort, „in diesen seit jeher geweihten Nächten gab und gibt es immer wieder Wunder. Außerdem wolltet Claus und du doch immer Kinder, nun hättet ihr gleich zwei davon.“ „Gut,“ lenkte Anja ein, „ich rede mit Claus und kontaktiere dich dann nochmals.“
Schwubdiwupp rauschte Anja zu den Stallungen, wo Claus sachte auf Klömpje, das ängstliche Rentier einwirkte.
„Guck mal, Klömpje, von Jahr zu Jahr wirst du mutiger, dies macht mich stolz auf dich und außerdem brauchen dich die anderen.“ Sprach Santa zum Rentier, Anja blieb einen Augenblick vor Rührung stehen, dann gab sie sich zu erkennen. „Hallo, ihr zwei Hübschen, na Klömpje geht es dir gut?“ Das Rentier nickte, dann sah sie ihren Mann an und berichtete von Rob. Santa Claus überlegte kurz und nach dem Abwägen von Für und Wider, sagte er zu Anja: „Bitte richte Rob aus, dass wir Anna und Peter mitnehmen und dass sie für immer hier bleiben werden.“ Nun beugte Santa Claus sich zu Klömpje und meinte sanft: „Hast du gehört, wir haben heute Nacht noch einen Spezialauftrag in der Karibik, los Klömpje!“ Das Rentier trabte in Richtung Blitz und Donner, als Claus sich wieder aufgerichtet hatte, nahm er seine Anja kräftig in die Arme und gab ihr einen schmatzenden Kuss. „Gib gut Acht auf dich, mein Liebster, die Welt ist ein schlimmer Ort.“ Claus stellte seine Anja wieder auf die Füße und meinte augenzwinkernd: „Logisch, mein lieber Schatz und du bereite ein schönes Zimmer für Anna und Peter vor!“
Sie flogen mit der Zeit und in dieser Nacht war dieses flüchtige Gut des Universums auf der Seite von Santa Claus und seinen acht Rentieren. Als sie auf dem Eiland am Strand landeten, wachten die Kinder auf und trauten ihren Augen nicht. Da war der Weihnachtsmann und er hatte den Schlitten dabei.
Rob sprach zu den Kindern, um sie zu beruhigen: „Ich habe Kontakt mit dem Nordpol aufgenommen, da wir Kobolde uns auf der ganzen Welt austauschen und fragte ob euch Santa Claus mitnimmt…“ „Und da bin ich, danke Rob.“Sagte Santa, dann beugte er sich zu Peter und Anna runter und fragte sie: „Könntet ihr euch vorstellen bei uns zu leben und zu lernen? Wollt ihr mit?“
Die Kinder willigten ein ohne weitere Fragen und da es auf dem Flug eisig werden würde, gab Claus ihnen warme Fellkleidung und zu Rob meinte er: „Der Schlitten ist fast leer, daher bitte ich dich um ein Fäßchen Rum. Anja tun ihn gerne hin und wieder in den Tee und ich möchte meiner Liebsten eine kleine Freude machen.“ Rob nickte und flitzte los, wenig später rollte er ein kleines Fäßchen vor sich her und Santa Claus lud es in den Schlitten. Peter und Anna verabschiedeten und bedankten sich bei Rob für alles. Als Santa Claus sich vergewissert hatte, dass Anna und Peter gut angezogen und gesichert auf dem Kutschbock saßen, flogen sie los.
Und so geschah es, dass Anna und Peter bei den Kobolden am Nordpol aufwuchsen, Anja und Claus waren ihnen liebevolle Ersatzeltern.
Eines Tages, als aus den Kindern junge Erwachsene geworden sind, bekam Peter und Anna einen Kobold zur Seite gestellt, diese halfen ihnen zurück in die Menschengesellschaft und als die Geschwister älter wurden und längst eigene Familien hatten, konnten ihre Kinder nicht genug von den tollen Geschichten des Nordpols hören.
Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.